Firefly

Firefly – mit dem Glühwürmchen durch den Nebel

15.11.2025

NIO ist jetzt endlich auch auf dem österreichischen Markt – und die Kleinwagen-Tochter Firefly ist von Anfang an mit dabei!

Seit Anfang November 2025 ist der chinesische Hersteller NIO auch auf dem österreichischen Markt vertreten. Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens aus Shanghai ist das vollautomatische Batteriewechselsystem. Der Kleinwagen “Firefly” (englisch für “Glühwürmchen”) muss allerdings ohne dieses auskommen und läuft daher als eigene Marke. Hinter NIO stehen Investoren wie die chinesischen Top-IT-Unternehmen Tencent, Baidu und Lenovo. Auch die US-Beteiligungsgesellschaft Sequoia Capital ist in NIO investiert, das ist übrigens das Unternehmen, das von Atari über Apple, Yahoo!, Electronic Arts Google, YouTube, PayPal bis hin zu Instagram und WhatsApp so gut wie alle bedeutenden US-amerikanischen IT-Konzerne “groß gemacht” hat.

Ich hatte gestern die Möglichkeit, mir einen Firefly beim ersten österreichischen NIO-Händler, dem Autohaus Auer in Krems, auszuborgen. 

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Das kleine Glühwürmchen leuchtet mich gleich einmal mit links und rechts je 3 in Dreiecken angeordneten Scheinwerfern durch den Nebel an. Durchaus charmant und originell. Was wohl zuerst da war? Der Modell- & Markenname oder die Scheinwerfer? Ungewöhnlich auch die Farbe, nämlich “lavender”, vereinfacht gesagt Pastellviolett. Wer es noch auffälliger möchte, wählt “lime” (was für mich eher Gelb als nach Limettengrün aussieht), wer es lieber unauffällig hat, kann Weiß (“marble”), Schwarz (“lava stone”), “sand” oder “graphite” nehmen.

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Da Firefly eine eigene Marke ist, hat sie natürlich auch ein eigenes Logo bekommen. Die runden Heckleuchten sind übrigens genauso im Dreieck angeordnet.

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Wie die Farbe, so ist auch die Form außergewöhnlich. Mit vier Metern Länge ist das kleine Pummelchen doch etwas größer als man auf den Fotos vermuten würde. Kein Macho-Auto zum Posen vor dem Fitnesstudio, aber eine durchaus sympathische Erscheinung. Die Überraschungen folgen aber noch…

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Der Innenraum überrascht mit hellen Farben (keine Sorgen, alternativ gibt es auch dunkle!), einem viereckigen Lenkrad und dem Fehlen der Mittelkonsole. Vor allem aber überrascht er mit einem großartigen Raumangebot. Es ist wirklich unglaublich, wie viel Innenraumbreite die NIO-Ingenieure bei 1781 mm Außenbreite erreicht haben. Ein Renault 5 ist außen gerade einmal 7 mm schmäler, innen aber wesentlich enger.

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Noch größer das Erstaunen auf der Rückbank. Die hat tatsächlich Mittelklasseniveau! Mit dem Firefly kann man auch zwei Erwachsene auf die lange Reise mitnehmen. Dem Premiumanspruch der Marke zum Trotz spendiert uns NIO jedoch (ähnlich wie Renault bei R4 und R5) “nur” Teilledersitze. Die 18-Zoll-Räder sind übrigens Stahlfelgen, dazu gibt’s Radzierkappen, die man glatt für Leichtmetallfelgen halten könnte. Will hier NIO vielleicht bewusst zeigen, dass man auf typische Merkmale, mit denen Billighersteller “posen”, nämlich Vollledersitze und Alufelgen, lieber verzichtet und stattdessen auf “innere Werte” setzt?

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Dem in der Klasse eher ungewöhnlichen Hinterradantrieb sei Dank gibt es vorne einen 90 Liter großen Frunk. 

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Umso erstaunlicher ist es, dass auch der hintere Kofferraum mit 404 Litern einen neuen Maßstab im 4-Meter-Segment setzt. Insgesamt stehen also 494 Liter zur Verfügung, da gibt es schon Mittelklassekombis, die weniger bieten.

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Haptik und Materialanmutung sind auf Premiumniveau und das Geräusch beim Schließen der Türen vermittelt das Gefühl, dass hier kein Glühwürmchen, sondern ein dreizackiger Stern leuchtet. Die Bedienung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Selbst das Licht muss über den Touchscreen eingeschaltet werden, die Klimatisierung sowieso. Die Menüführung ist zwar gut verständlich, aber leider müssen manche Einstellungen nach jedem Start erneut gemacht werden. Dass das Glühwürmchen hin und wieder noch englisch spricht, wird sicher mit einem der nächsten Updates behoben werden. Etwas ärgerlich sind auch die nicht beschrifteten Tasten im Lenkrad, die zum Teil auf dem Touchscreen erklärt werden. Aber gut, nach ein bis zwei Stunden hat man sich an die Bedienung gewöhnt. 

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Geöffnet wird mit einer Karte, die genauso groß wie eine Kreditkarte ist. Die genaue Stelle auf dem Spiegel zu treffen, verlangt etwas Übung. Danach muss die Karte in der Schale zwischen den Vordersitzen abgelegt werden, also genau dort, wo man bei anderen Autos den Schlüssel auf keinen Fall hinlegen darf, da sich dort eine induktive Ladestation für’s Smartphone befindet, die Funkschlüssel beschädigen könnte. Die Karte in meinem Testfahrzeug hatte leider schon am 12. Tag nach Erstinbetriebnahme des Fahrzeugs leichte Abnutzungserscheinungen. Hier hätte NIO ruhig etwas mehr auf die Anmutung schauen können.

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Keinen Grund zum Meckern gibt das Fahrverhalten. Mit 143 PS zählt der Firefly nicht unbedingt zu den stärksten seiner Klasse, dennoch hat mir selbst auf Bergstraßen nie Leistung gefehlt. Das Fahrzeug liegt gut auf der Straße und bügelt auch holpriges Pflaster gut aus. Dank Heckantrieb wuselt das Glühwürmchen nur so um die Kurven. Selbst wesentlich stärkere Autos machen nicht so viel Spaß und gleichzeitig fühlt man sich im Firefly so sicher wie in einem wesentlich größeren Auto. Wirklich phänomenal!

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Die Assistenzsysteme arbeiten nahezu perfekt. Mit adaptivem Tempomat wird die Geschwindigkeit nicht nur dem Vordermann und den erkannten Tempolimits angepasst, sondern auch den Gegebenheiten wie zum Beispiel scharfen Kurven. Der Spurhalteassistent gehört zu den besten, die ich je ausprobieren durfte. Lediglich bei sehr dichtem Nebel hat mich der Firefly gezwungen, selbst auf mich aufzupassen, da die Kameras offensichtlich nicht mehr alles erkennen konnten.

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Mit seinem 42,1 kWh-Akku soll der Firefly lt. WLTP bis zu 330 km weit kommen, geladen wird mit bis zu 100 kW. Das sind jetzt keine Rekordwerte, für den Alltagsgebrauch und Wochenendausflüge wird es aber reichen. 

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Zum Abschluss noch ein paar Worte zum Preis: 29.900,- soll das kleine Glühwürmchen in Österreich kosten und das ist im Anbetracht des Raumangebots, vor allem aber der hohen Qualitätsanmutung und der fortschrittlichen Technik ein richtig heißer Preis. Es mag zwar in manchen Belangen bei anderen Herstellern mehr für den Preis geben, ein so gutes Gesamtpaket ist jedoch äußerst selten. Notabene wird man in Österreich auch keinen Verbrenner mit ähnlichem Platzangebot, ähnlicher Leistung und und ähnlicher Ausstattung finden!

Fazit:

NIO hat mit dem unter eigener Marke fahrenden Firefly einen elektrischen Kleinwagen zum Sensationspreis geschaffen. Das Design mag Geschmackssache sein und ein paar oberflächliche Luxusfeatures wie Alufelgen, Vollledersitzbezüge oder elektrisch öffnende Heckklappe mögen vielleicht fehlen, bei den wahren Werten wie Haptik, Verarbeitungsqualität, Assistenzsysteme und vor allem Fahrverhalten ist der Firefly jedoch absolut “premium”. Dazu bietet er für die Leistungsklasse überraschend viel Fahrspaß und für seine Abmessungen unglaublich viel Platz für Passagiere und Gepäck. 

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